Kalebassenschachtel
Objekt-Infos:
Kalebassenschachtel
Lateinamerika, Guayana
Ethnie unbekannt
Schenker unbekannt
Hälfte 19. Jahrhundert
Flaschenkürbis (Crescentia cujete), Lack, Textilie
L: 34,5 cm; B: 24,7 cm; H: 23,0 cm
Objekt Ethn 173
Dieses Gefäß ist aus einer Kalebasse hergestellt worden. Kalebassen sind getrocknete und ausgehöhlte Früchte des Flaschenkürbis’ oder anderer kürbisähnlicher Pflanzen.
Die Form des gewünschten Gefäßes wird schon während des Wachstums des Kürbis’ beeinflusst, indem man die Frucht nach Wunsch abbindet. Wenn der Kürbis die gewünschte Größe erreicht hat, wird er geerntet und vom Inhalt befreit. Aus der Kürbisfrucht entsteht so ein Gefäß, das vielseitig, zum Beispiel wie hier als Behälter, verwendet werden kann.
Die Schachtel ist oval geformt. Der extra gefertigte, aufklappbare Deckel ist über Schnüre am Gefäßkörper befestigt. Die Oberfläche ist außen und innen sehr glatt und außen schwarz lackiert. Den Lack gewinnen die Indigenen, indem sie den Schaft der Burití-Palme verbrennen und anschließend mit dem Wasserauszug eines anderen Baumes vermischen. Die Außenseite der Schachtel ist darüber hinaus umfassend mit Ritzzeichnungen versehen. Diese wurden nicht nur in den Lack, sondern auch leicht ins Holz geritzt. Sie zeigen die lateinamerikanische tropische Flora, zum Beispiel eine Ananas oder Palmwedel, aber auch geometrische Motive. Auch an der Innenseite des Deckels befinden sich geritzte Motive, die einer großen, stilisierten Blüte und zwei stilisierten Blättern ähneln.
Kunstvolle Verzierungen
Die Kalebassenverarbeitung war in vielen Gegenden Lateinamerikas verbreitet. Eine wahre Kunst der Kalebassenverzierung aber entwickelten im 17. und 18. Jahrhundert die Indigenen Guayanas. Hier fanden figürliche Motive nach europäischem Vorbild Eingang in das Schaffen. Diese Motive wurden mit indianischen Techniken hergestellt, was hervorragend zusammen harmonierte. Aufgrund der hier dargestellten gegenständlichen Motive kann diese Kalebassenschachtel also dem Kulturraum Guayana zugeordnet werden.
Die Motivwahl weist darüber hinaus darauf hin, dass dieser Gegenstand für den Verkauf an frühe Reisende in der Region gefertigt wurde. Die indigene Ornamentik für den eigenen Gebrauch ist in der Regel stilisiert, was nicht nur dem ästhetischen Empfinden der Einheimischen entgegenkam, sondern auch magisch-religiöse Gründe hatte. Die Art des Behältnisses legt ebenfalls einen solchen Schluss nahe. Nichtsdestotrotz ist diese Kalebassenschachtel ein wunderbares Beispiel für die Kunstfertigkeit der indigenen Bevölkerung des nördlichen Südamerika.
Beitrag: Caroline Schott, M. A.