Frauenschurz
Objekt-Infos:
Frauenschurz
Lateinamerika, Guayana
Ethnie unbekannt
Schenker unbekannt
wohl Ende 18. Jahrhundert
Baumwolle, Glasperlen
H: 18,3 cm; B oben: 15,8 cm; B unten: 29,5 cm
Objekt Ethn 422
Dieser trapezförmige Frauenschurz besteht aus hunderten auf Baumwolle aufgefädelten Glasperlen. Die Fläche aus Glasperlen entstand, indem nach jeweils zwei oder drei Glasperlen die waagerecht verlaufenden Fäden mit senkrecht verlaufenden verflochten wurden.
Das untere Ende ist durch ein kurzes Stück bloße Baumwollschnur abgesetzt. Es schließt mit einer Reihe von jeweils zwei Glasperlen und dicken, kurzen Fransen aus Baumwolle ab.
Mit den farbigen Glasperlen wurde ein anschauliches Blütenmotiv in den Schurz eingearbeitet. Diese großen, rhombenförmigen Blüten in Gelb, Rot, Weiß, Grün und Blau liegen auf einem weißen Hintergrund, von dem sie durch eine schwarze Umrandung abstechen, ebenso wie der gesamte Schurz schwarz umrandet ist. Das Muster enthält außerdem noch drei kleinere und eine Hälfte einer Blüte in Schwarz, Grün, Gelb und Blau. Auch diese Blüten sind mit Rändern umgeben. Auf der Rückseite befindet sich dieses Muster ebenfalls, da der Schurz ausschließlich aus diesen Glasperlen zusammengefügt ist. Das Band zum Befestigen des Perlenschurzes an der Hüfte ist abgerissen, vermutlich bestand es aus Gras.
Die Bedeutung dieses Kleidungsstückes erstreckt sich bei manchen Völkern bis in die Mythologie. Die Mythen der Tukano zum Beispiel erzählen, dass die ersten Frauen in der Urzeit aus zur Erde gefallenen Schamschürzen entstanden seien. Bei den Glasperlen verhielt es sich ähnlich. Auch wenn sie von den Europäern in Amerika eingeführt worden waren, hatten sie schließlich eine solche Bedeutung für die Indigenen, dass auch ihr Ursprung mythisch verankert wurde. Vor der Einfuhr von Glasperlen wurden Schamschürze aus Baumrinde und durchbohrten Samen hergestellt. Mit den Glasperlen ergaben sich dagegen völlig neue Möglichkeiten, die vor allem die Farbgestaltung betrafen. Auf diese Weise entstanden neue Dekors, darunter auch florale Motive wie sie dieser Perlenschurz zeigt.
Das Blütenmotiv könnte jedoch darauf hindeuten, dass dieser Gegenstand nicht für den eigenen Gebrauch, sondern für die Weitergabe an Europäer hergestellt wurde. Auch die Größe bestätigt den Verdacht eines Modells, waren tatsächlich verwendete Schürze doch wesentlich größer. Damit könnte auch dieser beeindruckende Gegenstand ein Beispiel für die frühe Souvenirproduktion der Indigenen Lateinamerikas sein.
Beitrag: Caroline Schott, M. A.